Poesie
„La Maga“ – die Zauberin
2018
Die Zauberin, sie spricht, verspricht:
“ich kann dir helfen, simsala”,
doch weiss ich gut – den Schatz, ihn find’ ich nur in mir.
und such die längste Zeit:
gibt’s keinen Weg dorthin?
Solang ich denke, nur träumend gehe diesen Weg,
hinterlass ich keine Spur.
Jetzt heb ich den Fuss
hier – über Stein und Stein
find’ ich nun Tritt für Tritt.
Und wenn ich zaudere,
ganz Zweifel bin?
Tönt schnell die Stimme, salabim
“helf’ ich dir? – bloss rufe mich”.
Ruf mich endlich selber auf
und geh die Spur, es ist die meine.
über Stock und Block steig ich
behend – über viele Steine.
Was gestern hinderte,
jetzt trägt und drängt es
in die Weite,
begleitet sicher von der Stimme,
die ich meine.
„fioritura”- Vollblust
2018
„fioritura”- Vollblust
gereift durch Gezeiten,
durch Kälte, Hitze und Hagel,
gewogen und für gut befunden;
Blüten, Blumen, Früchte
tummeln sich im Bild,
schützend sich und andere
durch ihre grosse Nähe;
Winde, Bienen, Hummeln
gaben ihren Segen.
Süss und sauer, klein und gross
auf dem selben Tisch –
was heute übrig bleibt,
wird Vorrat für den Morgen.
”Colomba” – Taube
2018
Die Taube zieht hinauf,
über die Körner, die Dächer hinaus,
Kinder springen noch nach ihr –
Sie kennt die Taube der Oliven,
jene trug den Zweig zurück;
sie kennt die Taube über den Wassern;
mischte sie nicht Himmel mit der Erde …
Heute fliegt sie gurrend
Ins tiefe Blau hinein –
Im Schnabel endlich Worte der Erde,
war diese doch fast taub
und darum stumm!
«Dialog»
2021
Das Wort an dich: Welch‘ Fülle in dir,
so schöpfe daraus, Kellen sind deine Hände! Schöpf aus dem Vollen,
wag es, vertrau.
Wäg nicht einzelne Worte,
die Winde zählen,
die Gunst der Stunde, der Sterne …
„Lebens-Bazar“
2021
Lebens-Bazar Ein Kunterbunt an Farben, Formen, ein Bazar ohne Ende:
nur Chaos, Durcheinander? fazettenreiche Vielfalt!
Reichtum, der zur Einheit wird, wenn viele Stimmen
unter einem Dach zusammentönen.
Wer schreibt die Melodie?
Die lebhafte, moderate, auch langsame nur?
Wer kommt, schreibt mit.
Das Fest ist ja nicht jeden Tag,
doch wenn es fehlt, bleibt stille Einsamkeit,
die müde macht allein.
Geh hin und her
durchs stille Tor bis zu dem Bazar dort.
Bleib nur nicht stehn, das Leben fliesst .
Martin Meyer
Dezember 2020
„Pinselstriche in Worten“
2020
Mit Farben und Formen grenzen wir ab, fügen zusammen,
schaffen Dissonanzen, auch Harmonie –
das Ganze bringt Einheit und Ruhe, Entspannung und Weite,
es erstarrt zu Blöcken, Agressives ohne Spielraum;
wir sind nicht überwältigt durch Feinheit und Fülle,
werden vorsätzlich durch Grobheit erschlagen
(mit der Keule, das verstehst du ja).
Atmet das Bild, lädt es ein zum Verweilen?
Regt es dich auf?
Dissonanzen im Leben,
Dissonanzen im Bild? Das ist zuviel?
Atmet das Bild, atmest du –
Ist es ein Farbenklang, der weiterschwingt,
überraschend die Form, die dich sanft bewegt?
Sind es viele kleine Lichtpunkte,
von einem Ganzen gesammelt, gebündelt in Eins?
Farben und Formen, aus dem Leben gewonnen,
klingen fort und fort und weben am Faden,
der Menschen verbindet.
„Gesicht“
2021
Zeige dein ICH, dein Gesicht,
es ist wichtig jetzt, es öffnet dem Licht
Tor und Tür,
die Schatten zu jagen …
zieh ab deine Maske ent-sorg sie für immer.
Wenn Licht deinen Raum er-füllt, beginnt die Macht des ICH, Gaben und Begabung werden endlich entfaltet, befreit, gebraucht –
und du erfassest, umarmst den andern, nur so,
um zu feiern, weil wir sind.
Ich gebe dir nicht, damit du mir gibst.
Ich gebe dir, weil ich teilen will, was ich bin.
Zeit, Friede, Freude. Wir gehen und kommen, Impulse des Lebens.
„Windgetragen“
2021
Aus dem Schweigen blühen sie auf, die Worte aus deinem Boden – sie ranken sich hoch am Licht
und haften so nicht am Schatten. Nächtliche Stille verbindet erneut,
was auseinanderstrebt.
Reifen will es, das Wort, unbemerkt – und doch aufgehen
als Klang weit über dich hinaus – die Winde nehmen ihn mit
über die Felder und Wälder – und manchmal kommen sie wieder,
vertrautes Wort, ein Echo, als hättest du es gerufen.
„Wandlung“
2021
Die Schöpfung quillt und quillt von Sinnlichem, sie ist zum Greifen da:
berührt, umfängt, verwandelt dich.
Auch wenn sie da vergeht, sie kommt ja wieder her! Zeitgebunden und doch zeitlos schon.
Du atmest ein, du atmest aus und baust schon immer
an der Ewigkeit.
Dein täglich Brot wird haltbar nun, wird Götterspeise dem,
der immer Hunger litt.
Lass dir Zeit
und nimm das Leben,
teile dies,
wie immer du es willst.
So kommt der Augenblick, der bleiben wird.
„Verwurzelung“
März 2022
Tiefverwurzelt bäumt er sich auf, die Aeste suchen das Weite, die Höhe.
Aus der Tiefe umarmst du die Welt.
Da kommst du ins Lot:
Dein gesammeltes Wesen vereint sich im Grund.
Frieden und Stille sind Zeichen dafür. Und die Einsicht: vom tragenden Grund geht es tiefer noch, zum nächsten Grund.
Unentwegt verwandelt sich Leben, schiebt von sich Panik, Angst und Furcht.
Jeder Augenblick ist offen fürs Licht, bläst Wind in die Glut
und die Wärme treibt an, Ideen wie Schritte.
Wieder überkommt dich die Lust, hinaus zu gehen
und Altes mit Neuem zu mischen.
„Licht und Leben“
2019
Licht und Leben,
durcheinandergewirbelt,
wirken im Raum,
werden zum Spiel mit den Farben,
stimmen, verstimmen, verstummen.
Sie ziehen sich an und stossen ab,
bilden den Viel-Klang der einzelnen Farben,
verdunkeln, erhellen, ertönen –
selbst im Schatten, der kühlend beruhigt.
Hier sammeln sich Wärme und Klarheit,
fügen Licht und Leben in eins.
„Hahnengesang“
2017
Der Hahn steht schon da, stolziert mit neuem Kamm, erhaben, erhoben und weiss, dass Hühner und Menschen erwarten das Zeichen,
„es ist an der Zeit“, wachet auf, wachet auf,
es sang euer Hahn!
„Mensch und Gott“ (Dialog Hen. Mar.)
März 2022
1
Mensch und Gott
Ernte Fülle Reife. Wir sind da mittendrin.
Was die Natur reifen lässt – Licht Wärme Wasser –
ist schon immer da. Alles ist uralt,
doch Tag für Tag neu. Das ist unser Leben –
frisches Wasser, neues Licht, alte Wärme …
Wir atmen Ewigkeiten
ein und aus
als Teil der Schöpfung ohne Zeit:
unvergänglich dieses Sternen-Licht. Die Erde ist uns anvertraut.
In Freiheit. Darin atmet Gott
mit seinen Instrumenten:
2
Wasser Wärme Licht, nicht Waffen, und Menschen haucht er Leben ein,
verschenkt die Liebe und die Kraft zum Denken. Der Himmel spiegelt sich auf Erden,
solang der Mensch die Erde schätzt. Naturgemäss. Im Einklang mit sich
reift Frieden ringsherum. Das will der Mensch.
Er kann auch dieses denken:
Lügen, Fluchen, Hassen, Morden … Denn er ist ja frei.
Doch ohne Denken, Liebe und Vernunft, was sind die Folgen?
3
Gewalt, Intrigen, Menschen-Krieg.
ohne Vernunft der innern Stimme.
Gott greift nicht ein, nicht auf dem Pferd von Jeanne d’Arc, nicht mit Abwehrraketen,
wenn nicht erwacht das verlorene Gewissen:
hier wird etwas falsch gemacht.
Keinem nützt das Morden, Töten!
Das Kampffeld muss er selber räumen,
bis sich im Wasser wieder Sterne spiegeln.
Brosamen, Schnipsel, Mümpfeli
2020 Beim Malen ..
• durch Begrenzung entsteht Form, auch Kraft, das Ausufern wird gemässigt
• dem Gefangenen öffne das Tor, lass es leben und atmen, unterm Himmel kommt der Wandel
• mit etwas Farbe und Druck ändert sich Form und Struktur
• lehn dich hinaus, nicht um zu hängen – schau hin, bis du Neues siehst
• alte Struktur? Nimm sie auf und durchleuchte sie – was glanzlos bleibt, lasse zurück
• bis an die Ränder und darüber hinaus. Durchdringen, durchforsten, durchsuchen . aus vielen Bruchstücken ein Ganzes schaffen oder .Ecken und Enden verbinden: verbindliche Einheit
• wenn es vorne schön sein soll, gilt dies auch für hinten
• aus dem Durcheinander zum Miteinander, vom Geschrei zum Gesang, vom Lärm zum Klang
• die Kühle im Kopf will Wärme im Herz
• Blockaden werden Treppen, Steine zu Stufen, Wände zum Ruhn
• aus dem Einen wird ein Anderes, alles fliesst, das Ganze macht Sinn
• die Nacht bringt dir die Sterne nah, am Tag hält dich die Erinnerung wach, hält dich im Gleichgewicht .der Tod bricht durch dein Leben hindurch, reisst deine Liebe fort //
• und mit aller Liebe kommst du zurück – vom Tod – und lebst und liebst doch fort und fort
• ewiger Austausch zwischen gestern und morgen, über Steine hinauf und Stufen hinab; was dich trägt, nimm mit, keinen Ballast ; ring mit dem Atem, hol tiefer denn je die Luft, die dir frommt; es füllt sich auf der Augenblick und dann, wäge und wage, was dich bewegt, es kommt dir entgegen, was du brauchst für morgen. Halt dich fest am inneren Sinn und lasse los. Die Stunde schlägt an deine Glocke, tönt schon still ins Land hinein. Mancheiner hört schon hin.